Adèle Lukácsi ‹Des Zornes und der Liebe Wellen›

Adèle Lukácsi ‹Des Zornes und der Liebe Wellen›

Von Margit Hanselmann

Lyrische Strömungen

Bereits das Layout setzt die Thematik bildlich wunderbar um. Assoziationen an Grillparzers Drama um Hero und Leander, an E.M. Arndts Text ‹Zorn und Liebe› kommen auf, doch zeigt sich schnell, daß es Lukácsi um eine umfassende Liebe der Menschheit gegenüber geht, woraus sich auch der Zorn aus dem titelgebenden Gedicht erklärt. Wertschätzung der Schöpfung, Unmut über emotionale Kälte treiben sie um. Scharfsichtig, z.T. sorgenvoll, beobachtet die Autorin moderne Entwicklungen und erinnert eindringlich an vorhandene Werte, ‹und ob die Wolke sie verhülle›. Andrerseits ist ihr bewusst, dass sich auch über Jahrhunderte hinweg weder die Menschheit noch deren Probleme und Fragen stark verändert haben, und formuliert ihr Resumée: ‹Ich schreibe / Nichts Neues›. Und doch greift sie Veränderungen auf, wie z. B. bei der Gegenüberstellung früherer und heutiger Minnelieder. Kunstvoll verwebt in ihren Texten sind zahlreiche Zitate und Anspielungen zu Literatur, Musik und Mythologie. Romantische Verse, an Eichendorff, Rilke und Hesse erinnernd, stehen ganz modernen Textformen in hochaktuellem Jargon gegenüber. Da gerät Gott Amor schon einmal ins Schwanken, wenn die Glückssuche auf Cyborg-Wellen jagt und seinen Pfeilen wohl das zu treffende Herz fehlt. Schmunzeln lässt einen auch manch treffende Ironie: ›Ein Blick auf die Weltbühne/Luzifer dankt ab./Er geht in Pension./Er ist nicht mehr der Beste./Seine Nachfolge ist gesichert.› Formal gelingt es ihr immer wieder in knappster Form, Denkanstöße zu geben, denen nachzugehen es wert ist. Den Beschwernissen des Lebens begegnet die Autorin mutig, immer wieder Kräfte sammelnd aus einem positiven Blick auf gesuchten Zauber, der uns im Kleinen umgibt, etwa im Sinne eines von Hofmannsthals ‹Was ist die Welt? Die Welt ist ein Gedicht›. Und so endet ihr Lyrikband mit ihrem dem Hohelied entliehenen Credo: ‹Das Größte aber ist die Liebe›.

Adèle Lukácsi ‹Des Zornes und der Liebe Wellen› Gedichte
71 Seiten, € 17.90, CHF 19
ISBN 978-3-8280-3549-2, 2020, Frieling-Verlag, Berlin

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