Buchwink #01

ANGELESEN... VON TEXTKLOPFER |

MARKUS WALDVOGEL: EIN SCHIMMERNDER TEXT AUF DEM RÜCKEN DES HECHTS – POESIE AM GUADALQUIVIR |

Markus Waldvogel besingt den spanischen Fluss Guadalquivir von den Quellen bis zur Mündung in den Atlantik. Alle Texte sind zweisprachig deutsch und spanisch. Ein einziges Liebeslied scheint mir das Buch: Der Autor schildert Szenen am Bach; der Bach wird zum Fluss und Lebensspender, bevor er sich vergisst und im Atlantik verschwindet. Wer Natur irgendwie liebt, wer es liebt, an einem Bächlein zu verweilen im Gebirge, wer dem Gurgeln und Fliessen eines Gewässers gern zuhört in der Natur, der wird, denke ich, auch diese höchst poetischen Texte mögen, in denen Martin Waldvogel präzis und detailreich einen grossen Fluss schildert aus der Sicht eines Liebenden, eines Fühlenden. In den Jahren 2016 und 2017 hat er den Fluss besucht und kennen gelernt:

Ich weiss nicht
ob du weisst
wer du bist.
(S. 59)

Vor mir Cadiz
in meinem Rücken
wirst du Meer

Soeben noch
dein Geruch
jetzt riecht’s nach Salz

Ich halte mich an den Geländern
von Erinnerungen fest


So spielt die Gitarre der Seele
(S. 161, letztes Gedicht)

Der Beginn der poetischen Beschreibung zieht mit der Schilderung von Szenen der Anreise zu den Quellen, dann mit einem Bezug zum zur Reisezeit des Autors verunglückten Schweizer Bergsteiger Ueli Steck und schliesslich mit einem sanften pornografischen Einstieg einige Register der Aufmerksamkeitserhaschung, die es für mich nicht bräuchte. Diese zwei Bezüge sind, ausgehend von den späteren äusserst poetischen Texten, ein zweifacher Stilbruch. Jedoch können diese modernen Kontrapunkte mich nicht abhalten, die Schönheit der folgenden Texte zu schätzen. Das Buch hat mich schmerzhaft daran erinnert, dass ich leider des Spanischen nicht mächtig bin. Aber die Genrebeschreibung auf dem Cover im Buchuntertitel lässt mich vermuten, dass die spanischen Texte mindestens ebenso poetisch geladen sind wie die deutschen. Denn wenn es da auf Deutsch kurz und trocken heisst:«Poesie am Guadalquivir», lautet der spanische Text (von mir auf Deutsch übersetzt):«Poesie an den Ufern des Guadalquivir». (Noch lieber würde ich übersetzen«Poesie von den Ufern …» – aber das scheint nicht am Text zu bleiben.) Der spanische längere Untertitel scheint mir nicht schwatzhaft, sondern ganz einfach präzis und hundert Prozent poetischer. Und verspricht bestimmt nichts, was das Buch nicht einlöst.

TEXTKLOPFER

Markus Waldvogel: Ein schimmernder Text auf dem Rücken des Hechts – Poesie am Guadalquivir. OSL-Verlag 2019, Softcover, 176 Seiten. Mit Fotos vom Autor

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