Buchwink #10

BUCHWINK VON MARIANNE MATHYS |

‹LÄNGST FÄLLIGE VERWILDERUNG› Gedichte und Gespinste von Simone Lappert |

Ein 70 Seiten starkes, Leinen gebundenes Bändchen, schöne Ausführung! Darin finden sich Erinnerungen an Kindheit, nahestehende Menschen, an Verluste, und verletzte Gefühle. Und nicht zuletzt, Scheitern. Es durchgeistert, mit einem gewissen Augenzwinkern, das ganz Buch. Viel Naturlyrik: Bilder aus der Pflanzenwelt die das lyrische Ich durchdringen, es vereinnahmen und durch dieses wirksam werden. Da ist die Rede vom «krachen der äste hinter den augen», und von «zunehmender vermoosung der gedanken». Dem Leser bleibt viel zu entdecken und aufzudecken; man möchte das lyrische Ich von der Willkür der Natur erlösen, respektive davon lernen, den Sinn dahinter ergründen.

«minimalismus: Es muss nicht immer / um den angriff gehen, / sagt das krokodil, / mir reicht es / zu lauern».

Aus Kleine eiszeit: … «Wie ein keimling steh ich schon seit märz im frost, / nichts als schmelzwasser im Kragen …» / «ich könnte mir von kamelen erzählen, / vom schatten der lamellen im sommer an der wand. / stattdessen lausch ich dem wasser in meinen stiefeln, / verkapsle mich entlang der fontanellen. / erinnerungen wie kleine grüne erbsen, die von innen / gegen die schote drücken, und jede gärtnerin weiss: / was den ersten frost überlebt wird süsser»

Aus schlaflos:

… jetzt, wo die Luft so kühl und die blicke der andern./. so zugefenstert, als ob da was scheuert und knotet, / als ob die ellbogen einwärts knicken / und durch die rippen nach innen wachsen, /.

als ob auch die hände einwärts ästeln, / … als ob da ein wald unter der zunge.

Die Gedichte formal eine Art lyrische Prosa. Keine Unterteilung durch Strophen, jedoch mit rhythmisch und klanglich aufeinander abgestimmten Verszeilen, die einen Textblock bilden.

Die Wortwahl oftmals überraschend, Satzzusammenhänge eigenwilligen Kriterien folgend, eine

Bildersprache die zunächst einmal aufmüpft und für Spannung sorgt, die man aber um sie wirklich zu verstehen, erst einmal kennenlernen muss. – Ich lese in den Gedichten immer und immer wieder, mit Gewinn. Es wird einem nie langweilig dabei.

Verstreut finden sich Aphorismen, die sich jeweils thematisch auf das vorausgegangene Gedicht beziehen.

Wie schon gesagt, zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch die Frage nach dem Scheitern.

Entschuldigung, wo kann ich hier ungestört scheitern? heisst es anfänglich. Dann in immer neuen Varianten: «Wie kann ich hier unbemerkt – / … ungebremst – /… unnahbar- / … unverschämt scheitern? zum Schluss gipfelt die Frage in: Entschuldigung, wie kann ich hier unversehrt scheitern? – Die Fragen, eher sind es Ausrufe oder Hilferufe, enthalten durchaus ein Fünkchen Humor; eine gewisse Ironie ist ihnen nicht abzusprechen.

MARIANNE MATHYS

Simone Lappert, geb. 1985 in Aarau, studierte am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel.

Mit ihrem Debütroman Wurfschatten stand sie auf der Shortlist des aspekte-Preises, ihr Roman Der Sprung war für den Schweizer Buchpreis nominiert. Für ihre Lyrik wurde sie mit dem Heinz Weder-Preis und einem Werkbeitrag des Fachausschusses Literatur Basel ausgezeichnet. Sie ist Präsidentin des Lyrikfestivals Basel und war Schweizer Kuratorin für das Lyrikprojekt Babelsprech. International. Sie lebt in Zürich.

 

WEITERE INFOS ZUM BUCH

+++
[hier fehlt noch deine Einsendung]
Möchtest du selber einen BUCHWINK SCHREIBEN? Sende deinen Beitrag an BUCHWINK@PROLYRICA.CH

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Wir verwenden Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, um Funktionen für soziale Medien bereitzustellen und um unseren Datenverkehr zu analysieren. Wir teilen auch Informationen über Ihre Nutzung unserer Website mit unseren Partnern für soziale Medien, Werbung und Analysen. View more
Annehmen