Marianne Mathys
Erstellt am: März 21, 2015 Kategorie: Carte blanche Von zoe Keine Kommentare
Carte Blanche 2015/3 von Marianne Mathys
© 2015 by marianne.mathys@bluewin.ch
Die Gedichte sind dem Gedichtband ‹Dem Alltag lauschend› entnommen.
© novum Verlag
#
DUNKELGRAUE LUFTBALLONS
Und nachts der Traum mit den
dunkelgrauen Luftballons die
ich hätte farbig gestalten wollen
aber da war keine Zeit musste
zur Arbeit ins Grossraumbüro
und die Ballons hoben nie ab.
#
MUTTER UNBEHAUST
Alt ist sie geworden
geht nicht mehr aus ihrer Wohnung
kommt nicht mehr nach Haus
Farb und Sinne sind abgestumpft
es ist stickig geworden unter dem
abgelegten Staub
Über die Fassaden klettert der Efeu
bald wachsen ihr die Fenster zu
Verdunkelung macht sich breit
In Gedanken nachtfaltert sie durch
verdämmerte Zimmer fern in der
Erinnerung ein Zauberschloss aus
Licht und Weiss.
#
IM DUNKELN BRÜTEN
Dem Licht entgegen hoffen
das am Ende sein soll während
die Gegenwart unablässig von der
Vergangenheit eingeholt wird
Äusserlich eloquent – innerlich
tief abgründiges Verstummen
über dem Krater der sich auf-
tut im eigenen Innern
Unentwegt sich fragend
darf man das
woran soll man sich noch
orientieren?
Draussen die Welt scheint heil
selber kommt man sich schein-
heilig vor wegen diesem unruhig
funkelnden Glimmen
#
DU
Nur noch in meiner Erinnerung
lebendig in der tiefsten
Abgeschiedenheit meines Seins
Dort und nicht hier wo ich
dich bräuchte
länger als einen Augenblick
kraftvoll wie eine starke Hand
die eine schwache umschliesst
und wärmt stattdessen bleiben
meine Hände kalt während es
tief in meinem Innern brennt.
#
STEPPENBILD MIT AGAVE
Dunkle Agave im Abendlicht das
über der Steppe langsam erlischt
Im Hintergrund brennt lichterloh
noch immer das Felsengebirge
am Horizont verglüht der Himmel
Schatten über der Ebene
breiten sich aus
kühlen den heissen Sand.
#
KOKON
Webfaseriges Gebilde
wirrspinntige Hülle
inmitten kaum auszumachen
der Kern eingeschlossen
ins Fadengespann ausgeschlossen
gedämpft hereindringendes Licht
von draußen wo es laut ist und grell
Die Gefahr erdrückt zu werden
ausbrechen nicht möglich
Entwirrung der Fäden vielleicht
Ein langer langer Faden
hauchdünn ein zarter Glanz
Entwicklung
über dem Boden schwebend
grenzenlos zwischen Himmel
und Erde am Ende der Kern
im freien Fall.
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