Martin Rüther

CARTE BLANCHE MARTIN RÜTHER

Öffne den Mund // Öffne den Mund: / Fadenfilz quillt, / hängt sich ein, verwirrt und hält fest, / reisst heraus… // Fadenfilz schwarz, / schwer zu schlucken ///

Carte blanche 2025/1 | © 2025 bei Martin Rüther aus Schwyz |  

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Vorstellungshauch

nimmt das Fleischtier die Sinnfährte auf
Fährtenfluss aus dem Grunde,
aus Krampf und Lösen die Spur,

erschienen im Luftstrom,
durch den Sprachwolf gedreht,
und Wörter geklaubt
aus der gegebenen Hunzsprache der Zeit

Dass es mir deute,
Dass es mir sage,
Dass es mir eigne:

Hört jemand zu?

Ennui

sorgsam gefeilt und abgewogen,
entlassen, geworfen
in die Runde.

Als Anstoss benutzt und eingenommen,
Frass der Horde.

Wo bin ich? Nun ohne Wort;
abgegeben zum fremden Gebrauch

Ennui
wächst um mein Herz,
grauer Staub, dicht

Verweht

Sage das Wort
das dich trifft
sage es dir:

kein Pfeil, nur Staub,
der weht,
verweht,
doch Blütenstaub
gesät
und weiter verweht

Fäden

Im Alltags-Gewirr
hierhin, zieht dorthin
Fäden eingehängt, mitgenommen,
rasch wenden den Blick, und wieder zurück,
das Ohr voll Gerede, Geschwätz,
und schwimmst oben auf –

Nur selten erscheint
ein schwerer Fisch, zu künden
vom Grunde

Was passiert?

Mühsam verlassen wir die Welt die wir kannten
mühselig im Denken
mit Wehmut an all das was sicher

schien: Wir wussten es immer,
aber wollten nicht wissen genau

Nun, unter Wölfen,
Gier-Wölfen, Wut-Wölfen,
Macht-Wölfen,
klammern wir uns an die Inseln,

suchen festes Land darauf zu stehen,
doch nicht sicher ist das was fest ist, denn
sicher sind niemals die harten Worte, die Sätze,

nur das Bild der neugeborenen Kinder,
die mit grossen Augen, mit ernstem Gesicht
staunen,
so lange die Wärme noch trägt

So weit

Wir treffen uns nur an den äusseren Zäunen,
weit entfernt von warm und kalt,
vom nagenden Hunger,

stehn wir am Hag
und besprechen das Wetter
die Sonne so warm
die Winde so kalt,

und dann gehn wir zurück
durch das Gartengelände
gehn wir alleine,
so weit und so leer.

Neues vom Tage:

das klären wir, das ordnen wir ein,
jetzt gleich, nach ein paar Takten
Musik

wischen wir weg die Grautöne,
putzen das Milchglas,
schaffen wir
Orientierung,

dass ihr wieder wisst,
jetzt gleich, nach ein paar Takten
Musik

Vor dem Bücher-Regal

Vergraben
           in Buchstaben-Geröll
           Fremd-Gedanken, Fremd-Bilder
           aus Jahrhunderten

Sehnsuchts-Vorräte,
und Schutt den Nachkommen

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