Hermetisch

Wem ab und zu Gedichte unverständlich vorkommen, sollte sich öfter daran gewöhnen, die Perspektive oder wenigstens die Darreichungsform zu wechseln. Der hermetische Dichter ist nicht verschlossen: er bemüht sich gerade, das Wort in seiner Eigenart und in seinem Eigenlaut erklingen zu lassen, es von seiner Sinnhaftigkeit zu erlösen und dadurch seinen ‹reinen› Wert zur Sprache zu bringen. Liest man Gedichte hermetischer Lyriker wie Celan oder Benn, deren Kompositionen oder Konstellationen merkwürdig schwingen und um Ausdruck ringen, muss von zwanghaftem Verstehenwollen abgeraten werden. Der Leser sollte jedes Wort einzeln verkosten, seine Nase in den Kelch des Gedichts hängen, mit der Zunge den vielfältigen Stoff rollen und mit Sauerstoff anreichern – was für ein Abgang dann, was für eine Blume! Und das war ja nur ein Schluck vom Gedicht…  OF

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