Kalender 2016

AUTOR:INNEN

2

Stille

Ein leichter Regen
mitten in der Nacht
wenn alles schläft
nur du noch wachst

Wenn es und Welt
zufrieden sich
die Waage hält

Nach dem Anschwellen
und Verklingen

Nachts nach einem
regen Tag auf der Strasse
in der Wohnung
im Kopf im Herzen
im Bauch

In Raum und Zeit
schwillt Stimme an
klingt ab und schweigt.

Marianne Matthys
aus dem Lyrikkalender 2016/12

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1

Wirrungen

Da dort – darüber hinaus
Verläufe sich verlaufen
im Hochwald der Stämme
Zwischenräume und
manchmal ein Baum
stockend nah.

Geh nicht zu weit
geh nicht zu nah
die Zeit
könnte dir stillstehen
aufs Mal.

Marianne Matthys
aus dem Lyrikkalender 2016/12

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2

Das Mass
von Biegen
statt Brechen
heisst
Ausdauer

Susanna Gneist
aus dem Lyrikkalender 2016/11

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1

Reif ist
wenn in später Sonne
ohne Hast
die Last
die Fülle
im besten Falle
nicht weit vom Stamm
ins Rollen kommt
und fruchtbar
das Weite suche

Susanna Gneist
aus dem Lyrikkalender 2016/11

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2

Es rauschet der Bach

Es rauschet der Bach,
es glitzern die Sterne.
Die Eule wird wach
und in der Ferne
quietscht eine Maus.
Die Geschichte ist aus.

Niklaus Zemp
aus dem Lyrikkalender 2016/10

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1

Der Sturm

Was hat der Sturm mit dir gemacht?

Er hat mir die halbe Krone weggerissen,
sagt der Apfelbaum.
Er hat mich brutal umgelegt, sagt die Tanne.
Ich habe mit ihm gekämpft, sagt die Eiche.
Mit mir hat er gespielt, sagt das Schilfrohr.

Niklaus Zemp
aus dem Lyrikkalender 2016/10

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2

Hohentwiel

Mauerreste in müden Formen
künden von alter Grösse und Macht

Gelblich färbt sich das Gras
Schlange glänzt auf Steinen

Philipp Studer
aus dem Lyrikkalender 2016/9

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1

Heute

Heute
bin ich

dir
wieder begegnet

Nach
vielen Jahren

Wir haben
schwarzen Kaffee

und blaue Tränen
getrunken

Blues tropfte
aus dem Radio

Heute
bin ich

dir
wieder begegnet

Philipp Studer
aus dem Lyrikkalender 2016/9

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2

Nebelland

Vor dem Morgen
auf offenem Land
höre ich den Ruf
der glückverlassenen Krähen
im Geäst
auf einem Baum unter Bäumen
ich schweige und stehe
bis der Wind mich heimjagt

Elisabeth Mascheroni
aus dem Lyrikkalender 2016/8

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1

Schnell

der Sommer schon vorüber
vorüber schon der Sommer
Schnee auf den Gipfeln
Gipfelschnee

und der Herbst und die bunten Blätter
mit bunten Herbstblättern
spielt der Wind
treibt der Wind
Windspiele im Herbst
aber der Sommer mit Festen
mit Sommerfesten

schon vorüber
die Herbstblätter
ohne Wind
schon begraben unter Gipfelschnee

Elisabeth Mascheroni
aus dem Lyrikkalender 2016/8

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2

Le long de la mer

Heureuse par les fleurs
Heureuse par le vent
Heureuse par le bruit des vagues
Le blanc et le bleu lointain –
Les herbes se courbent dans la dune.

glücklich mit den blumen
glücklich mit dem wind
glücklich mit dem geräusch der wellen
die weisse und blaue ferne –
die gräser biegen sich in der düne. –

Übersetzung der Autorin

Jacqueline Wolff
aus dem Lyrikkalender 2016/7

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1

Frieden schliessen mit dem Leben

Du bist –
Ich habe –
Aber du –
Ich war –
So dass –
Natürlich ich –
Klar bist du verreist, zurückgekommen
Wir haben gegessen am Meer
Am Strand sind wir gegangen –
Ich träume –
Du nicht –
Ich bin alleine –
Du nicht –
Ich –
ich denk an dich

Jacqueline Wolff
aus dem Lyrikkalender 2016/7

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2

Ein Grashalm im Wind
möcht’ ich sein, zärtlich kosten
der Weichheit Stärke.

Adèle Lukácsi
aus dem Lyrikkalender 2016/6

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1

An Sappho

Ein Tag ohne Musik bleibt dürstend hangen
am wolkengeschwängerten Himmel, 
siechend,

lechzend dem Morgen entgegen,
hoffnungsstark –
klarer Himmel singt.

Adèle Lukácsi
aus dem Lyrikkalender 2016/6

2

Ein Grashalm im Wind
möcht’ ich sein, zärtlich kosten
der Weichheit Stärke.

Adèle Lukácsi
aus dem Lyrikkalender 2016/6

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1

An Sappho

Ein Tag ohne Musik bleibt dürstend hangen
am wolkengeschwängerten Himmel, 
siechend,

lechzend dem Morgen entgegen,
hoffnungsstark –
klarer Himmel singt.

Adèle Lukácsi
aus dem Lyrikkalender 2016/6

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2

DIE SCHÖNSTEN FERIEN

Die schönsten Ferien waren nicht die auf Hawai
noch jene mit Suite auf den Balearen
– obwohl sie alle unvergesslich waren –
die schönsten Ferien waren die, als wir zwei
von des Alltags Erdenschwere frei
in unserm Heim beisammen waren

Edgar Hermann
aus dem Lyrikkalender 2016/5

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1

GEDANKEN

GEDANKEN
schicksalhaft, erdenschwer
versunken
im bleiernen Meer.

GEDANKEN
unbeschwert, schwerelos
sie schwanken
wie Schilfgras im Wind.

GEDANKEN
frühlingsleicht, frühlingsfroh
sie ranken
wie Efeu im Licht.

Edgar Hermann
aus dem Lyrikkalender 2016/5

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2

BEFREIT

Nicht mehr springen
Lieder aus früher Kindheit singen

Nicht mehr hasten
auf rotgetupften Bänken rasten

Nicht mehr eilen
bei Blumen am Wegrand verweilen

Edith Saner
aus dem Lyrikkalender 2016/4

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1

FRÜHER MORGEN

Kühle Luft
noch ungebraucht
Bergspitzen
in rot gehaucht

Edith Saner
aus dem Lyrikkalender 2016/4

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2

SCHNEEDECKE.

Schützt
verbirgt.
Wind,
kalt
und pfeifend.
Kälte klirrend,
graublaues Vergessen,
abgestorben
wartend auf
Lebensfreude.

Ruth Weber-Zeller
aus dem Lyrikkalender 2016/3

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1

MÄRZENSTERN.

Verschwindendes
Wintergrauweiss.
Herz,
das sich öffnet,
der Sonne
entgegenstreckt.
Wärme und Geborgenheit
aufnehmend.
Goldener Stern
voller Lebensfreude.

Ruth Weber-Zeller
aus dem Lyrikkalender 2016/3

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2

IM RÜCKBLICK AUF 1916

Ab Februar die DEUTSCHEN wollten
VERDUN gewinnen. Schlacht bis Ende
Des Jahres währte, als die WENDE
PÉTAIN erzwang; Germanen grollten.

Der SIEGER, vorerst hoch gefeiert,
Kaum loskam später vom VERRUFE
Des Landsverrats. RUHM war verschleiert;
Respekt sank ab auf TIEFSTE STUFE.

Reinhard Genner
aus dem Lyrikkalender 2016/2

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1

DIES JAHR AKTUELL

Wie beenden wir den MÄRZEN?
OSTERN? Sommerzeitbeginn
STEHEN OBEBAN? Macht Sinn,
Scheinrivalen ANZUSCHWÄRZEN?

Was wir anzustreben hätten,
wär wohl: BAHN GEFÄRTEN GLÄTTEN.

Reinhard Genner
aus dem Lyrikkalender 2016/2

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2

#

unter wechselnden monden
wieder und wieder
neu sich finden
irrwitziges fangspiel
nicht wirklich
kinderleicht
 

Esther Ferrier
aus dem Lyrikkalender 2016/1

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1

#

Klangraum überdacht
im samtblauen Umarmen
trillern die Sterne

Esther Ferrier
aus dem Lyrikkalender 2016/1

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#

sich schmiegen
ins sein
gerundet sein  

Esther Ferrier
aus dem Lyrikkalender 2016/Titelblatt

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Alle vorhergehenden Gedichte sind dem Pro Lyrica Lyrikkalender 2016 entnommen.
© 2016 by den Autoren

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