Matthias Müller Kuhn
Erstellt am: März 03, 2013 Kategorie: Carte blanche Von zoe Keine Kommentare
Carte Blanche 2013/02 von Matthias Müller Kuhn, Kilchberg
hundertzwanzig kleine Gedichte,
die sich an das japanische Haiku erinnern und einladen,
leichtfüssig, unbeschwert, absichtslos und selbstvergessen Weisheit zu üben
© 2013 Copyright by Matthias Müller Kuhn mmkuhn@bluewin.ch
Weisheit üben
I. Leere
auch wenn am Morgen
die Netze leer sind du warst
die ganze Nacht auf Fischfang
eine Schale nur
wenn sie leer bleibt
kann Klang Schale sein
was für ein Morgen
in der leergetrunkenen Kaffeetasse
findet das Universum Platz
II. Griechenland
eine antike Säule steht mitten
in den Trümmern der Geschichte
und trägt alleine den Himmel
Fische glänzen
auf dem Markt hätten sie doch
das Meer mitgebracht
Schwer sind Schätze
der Vergangenheit unter
Gesteinsschichten zu finden
Was ich in den Sand schreibe
wird von Wellen verwischt
erinnert sich daran das Meer
III. Heute
Die Leuchtreklame zieht
am Abend
ahnungslose Fliegen an
Die Druckerschwärze
der Zeitung beschreibt
treffend das Elend
Worte auf Plakaten
geraten unter die Räder
der Strassenbahn
Nachts eilen die vielen Lichter
auf Strassen vorbei
schau die Sterne bleiben stehn
IV. Klage
Die Krähe kräht
im kahlen Baum
was hat sie nur zu klagen
Regentropfen tanzen lustig
und springen
ins schmutzige Wasser
Ein Steinhaufen auf
dem Feld wer hat seine Sorgen
dort zusammengetragen
Auch wenn ich einen Zipfel
des Traums erhasche lässt er
seinen Mantel nicht fallen
V. Springe in den Wind
Ein Bach stürzt über Felsen
und denkt nicht daran
wie er wieder nach oben kommt
Kosmischer Kreis dreht sich
ihr Haus trägt
die Schnecke selbst
Der Regen hat den Staub
von gestern weg gewaschen
lass uns neu beginnen
Halte nicht an deinem Haus
fest springe lustig wie
die Fahne in den Wind
VI. Wortmelodie
Das Blatt lag lange unterm Schnee
frei wirbelt es jetzt im Wind
wie schnell es vergisst
Eine Fahne zeigt stolz
auf den Wind der nicht weiss
wo er bleiben soll
Duft der Rose in roten
Samt gehüllt gehen Erinnerungen
durch meine geschlossenen Lider
Zauber der Wortmelodie
von Licht überhäufte
Blütenbäume im Frühling
VII. Zeit vergeht nicht
Aus Langeweile Blütenblätter
zählen lass doch
den Windstoss zu
Lautlos gleitet der Mond
über den See mit weissen
glänzenden Segeln
Die Zeit vergeht
nicht sondern nur wir
Menschen vergehen
Erst auf mehrdeutigen
Saiten segeln
neue Wortklänge
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