Vier Gedichte von Sonja Crone

PETER RUDOLF |​

Vier Gedichte von Sonja Crone fand ich im Internet auf der Seite ‹Carte Blanche›, auf welcher PRO LYRICA jeweils für eine gewisse Zeit einige Gedichte einer Autorin/eines Autors veröffentlicht. Drei der Gedichte weisen drei Strophen auf. Das andere besteht, unter der Überschrift ‹Im Garten der Gleichmut›, aus lediglich vier Zeilen.

In diesen vier Zeilen beschreibt Sonja Crone mit knappen vierzehn Worten den Garten des Gleichmuts. ‹Dort wachsen keine Blumen› (Zeile 1), aber den Kindern spriessen ‹Die Kirschblüten Direkt aus den Ohren› (Zeilen 3 und 4).

Ich frage mich, was die Dichterin mit diesen aus den Ohren spriessenden Kirschblüten ausdrücken möchte. Ob ich den Text richtig verstehe? Ich lese ihn ein zweites, ein drittes Mal. Wenn ich am Ende der vier Zeilen bin, findet meine Aufmerksamkeit erneut den Weg zum Gedichtanfang, zum Titel. Ich frage mich: Was sagte die Dichterin dort zuerst? Und nach dem vierten Mal Lesen habe ich eine Verstehensversion, bei der ich zu bleiben beschliesse.

Wenn ich nun der Meinung bin, dass ich zu diesem originellen poetischen Bild eine mögliche Interpretation gefunden habe, suche ich beim nächsten Lesen nicht mehr nach dem Sinn. Sondern ich lese dieses Gedicht, um seinem Klang zu lauschen.

Zu seinem Klang mit seiner Vibration verhelfen ihm aus formeller Sicht die Alliterationen. In den vier Zeilen greift eine schwächere Alliteration alle vier Zeilen: jede Zeile beginnt mit ‹D›. Eine zweite stärkere beschränkt sich auf die mittleren Zeilen 2 und 3: Das ‹Ki› in Kindern und Kirschblüten. Bewusst gesetzte Harmonie? Bewusst gesetzte Pole?

Was mich auch bei den drei anderen Gedichten mit den Titeln ‹Ein Ende›, ‹Vanitas› und ‹Ein Gedicht› fasziniert: so einfache Worte setzt Sonja Crone, so viel Ruhe drückt sie darin aus, gänzlich unaufgeregt. Demgegenüber stehen die Inhalte, die so gar nicht einfach sind, die zu suchen sind, die mich ansprechen und anregen.

Peter Rudolf PRO LYRICA

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