August Guido Holstein

Carte Blanche 2013/08 von August G. Holstein-Rohner, Fislisbach
© 2012/2013 by August Guido Holstein, a.g.r.holstein@bluewin.ch

 

#

DER KARTHOGRAPH

Hatte gesagt
er wolle als Kartograph
nun auch sein Leben
vermessen.

Mit den Häusern und Gärten
mit einem Spezialblatt
für sein Arbeitspult.
Ein Theater gehöre dazu.

Pläne und Karten
seien immer aufschlussreich.
Eine Europakarte habe er
an die Korridorwand geheftet.

Mit roten Fäden seien dort
seine Ferienreise markiert
ein Sterngebilde
in der Mitte davon sein Heim.

 Solche Raffungen ergäben
für’s Auge einen Nachklang.
Das sei wie eine Partitur.
Die erzeugen wohlige Töne in seinem Kopf.

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VERZEHREN

Diese Berge
von Lebensmitteln
für die Schiffsreisenden.

Auch Zivilisationen
werden verzehrt
hoch hinaus und vorüber.

Selbst die Mauern
zernagt die Zeit
auf unserem Planeten.

Berge verschwinden
aufgeleckt durch die Gewässer
als wären sie Bonbons.

Welche gigantischer Hunger
hat doch 
diese Gottheit Zeit!

#

SEELEN-BALANCE

Capriccios
für die traurige
Jahreszeit
Melancholias
beim Frühlingserwachen.

Stets für den Ausgleich
die Balance
besorgt zu sein
darauf hat der Seelenwärter
zu achten.

dasDenn Tierlein
muss richtig
ernähret sein.
Zwei Beine hat der Mensch
um nicht zu wanken.

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INS LEBENSSCHIFF GESETZT

Die Sturmvögel hatten
ihre Sturmsegel gesetzt
und liessen das Leben
schaukeln.

Und das war ein Gaukeln
solange die Flutfinger
sie nicht erfassten mit ihrer
betäubend-klatschenden Nässe.

Wir Menschen, Energieträger
sind selber all den Kräften
ausgesetzt in unserem Lebensschiff
sich balancierend durch die Wellen.

Immer hoffend, dass
die Wogen nicht zu hoch
uns entgegenschlagen
im Sprühregen der Gefühle.

#

DAS WORT

Als die Türe sich öffnete
lag auf der Schwelle das Wort.
Es drang ins Wohnzimmer
und setzte sich auf das Sofa
wo es verblieb.

Es nützte nichts
dass es zerredet wurde
sass da, aufrecht, das Wort
mit seinem Gesicht, geschnitzt
wie aus einem Stück Holz.

Oder war es der Ball
den sie einander zuwarfen
sogleich weiter reichend?
Sie wollten es weg schaffen
doch es haftete nun am Fussboden

versank als ein Bestandteil
der Schrittwege, des Raumes
war kein rollendes Rund
hatte ein Gesicht
geschnitzt wie aus Holz.

#

GEDICHT ÜBER GEDICHTE II

Ein Lebenstanz
ein Derwischdrehen
unter den Bäumen
und über den Wolken.

Auf einem Gewebe
mit Schuss und Faden
bewegungsreich und farbig
das aus Worten besteht.

Wenn die Nacht
aus den Haaren gekämmt
beginnt der Sonnenkreislauf
wenn auch nur in deinem Innern.

Trinke auch von der Schönheit
denn das Glas ist gefüllt
und suche das Funkeln
obwohl du weisst, es ist Schein.

Bette deine guten Gedanken
in die Daunen der Wolken
wie das kleine Mädchen
seine Puppe in seine Zukunftsträume.

‹Carte Blanche› ist ein Angebot von Pro Lyrica. Hier stellen sich Lyrik-Autorinnen und Lyrik-Autoren für die Dauer eines Monats mit Arbeiten vor. Sie möchten hier publizieren? Senden Sie eine Anfrage an: sekretariat@prolyrica.ch

 

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