Rap

Die Kraft der Sprache findet in einigen modernen Formen der Lyrik ihren reinsten Ausdruck. Dazu gehört der in Amerika entstanden Rap. Hier kombiniert sich das Tempo des Sprechens, der Rhythmus des Vortrags, die lautliche und prosodische Gestaltung der Sätze oder Verse ausdrucks- und wirkmächtig mit der Kraft konsequenter und kunstvoller Alliteration, mit dem Drive des Binnen- und Endreims, mit dem Sprühen der Konsonanten und dem Wirbeln der Vokale im unreinen Reim, mit dem berühmten ‹Amen break› oder anderen ‹Breakbeats›. Diese rhythmische Form des Sprechgesangs, mal vom Break oder Beat getrieben, mal im ‹Flow› (Prosodie, Rhythmus und Tempo) über oder gegen den Grundrhythmus des Beats gesprochen, darf durchaus als Ausdruck eines Zustands der Bewusstseinserweiterung (im Hass oder in der Liebe) oder Bewusstseinserheiterung (im Tanzlokal) interpretiert werden.

 Als schönes Beispiel der poetischen Vielfalt im Rap kann man Eminems ‹Cleaning Out my Closet› anführen:

Have you ever been hated or discrimated against (hated / discrimated – Binnenreim)
I have; I’ve been protested and demonstrated against (reicher Reim als Endreim)
Picket signs for my wicked rhymes, look at the times (dreifacher Binnenreim)
Sick as the mind of the motherfuckin‘ kid that’s behind (Binnenreim und unreiner Endreim)
All this commotion emotions run deep as ocean’s exploding… (dreifacher Binnenreim)
Leave them with a taste of vinegar in they mouth (einfacher Flow)
See they can trigger me but they’ll never figure me out… (ungewöhnlicher Binnenreim trigger-figure und unreiner Endreim)

Auch wenn man den Rap heute hauptsächlich aus der zu Seichtheit neigenden Massenmusik kennt, dringt seine gesellschaftskritische Sprengkraft seit Gil Scott-Herons ‹The Revolution will not be televised› (1969/70) immer wieder durch. Die amerikanische Lyrik ist reich an Dichtern, die sehr nahe an der ‹oral poetry› oder dem ‹spoken word› schreiben, und nie fern der politisch-gesellschaftlichen Stellungnahme sind. Wie der poeta doctus in Amerika singt (rapt) und polarisiert, hat vor wenigen Jahren hinlänglich der Dichter Amiri Baraka (aka Leroi Jones) mit seinem Gedicht ‹Somebody blew up America› (2001) bewiesen; Baraka wird auch allgemein als einer der Vorväter oder Inspiratoren des Raps anerkannt. (N.B. Ein MC ist ein Master of Ceremony!)  OF

The revolution will not be televised auf Wikipedia
The revolution will not be televised auf youtube
Der Kommissar von Falco (1981) auf youtube
Somebody blew up America
Eine Analyse des lexikalischen Reichtums amerikanischer Rapper

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